Wir sind alle Seebuebe
25.07.2011 08:39 (12787 x gelesen)
«Wir sind alle Seebuebe»
PFÄFFIKON. Sein Klub ist am und auf dem Wasser aktiv: Martin Hauser präsidiert den Oldtimer-Boot-Club Zürichsee, der ein Boot mit Baujahr 1936 als schwimmendes Klubhaus nutzt.
Interview: Ueli Zoss
Wir sind hier auf der Oldtimer-Motorjacht «Ajax» zwischen Pfäffikon und Rapperswil. Sie steuern das Schiff. Wie fühlen Sie sich als Kapitän?
Martin Hauser: Ich bin einer von vielen Kapitänen des Oldtimer-Boot-Clubs Zürichsee, die von ihrer nautischen Ausbildung her die «Ajax» fahren dürfen. Ich bin mit meinem Freundeskreis oft auf diesem Boot. Die «Ajax» kann auch für Firmenausflüge, Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern gemietet werden mit uns als Steuermännern. Im Winter mit einem Fonduestopp. Die «Ajax» ist das ganze Jahr auf dem Wasser. Da ist sie besser aufgehoben als auf dem Trockenen.
Was sind die technischen Daten der «Ajax»?
Sie hat Baujahr 1936 und erfuhr verschiedene Male Handänderungen. Sie ist 10,5 Meter lang, 2,5 Meter breit, hat einen Volvo-Penta-Dieselmotor mit 124 PS und fährt im schnellen Bereich mit 14 Knoten, im gemütlichen Tempo mit 8. Der Rumpf und die Schale sind aus Lärchenholz, die Aufbauten und die Innenausstattung aus edlem Teakholz.
Gibts auf der «Ajax» auch Häppchen und einen guten Tropfen?
Dafür ist das Schiff mit einer kleinen Küche und einer Kühlbox eingerichtet.
Sie grüssen die Leute auf den vorbeifahrenden Booten. Kennen Sie alle?
Nur zum Teil. Ich grüsse sie aus Höflichkeit. Das ist eine der nautischen Regeln, die wir einhalten, wie auch das korrekte Anlegen im Hafen und das Beherrschen der richtigen Knoten.
Was sind die technischen Daten des Oldtimer-Boot-Clubs Zürichsee?
Wir zählen rund 180 Mitglieder. Die Aktivmitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 150 Franken, die Passivmitglieder 100. Den Vereinszweck haben wir mit «Erhalt alter Dampf-, Motor- und Segelboote» definiert. Unsere Flotte zählt ungefähr 70 Schiffe. Der Klub besitzt aber keines der Boote. Die Besitzer der Oldtimer sind unsere Vereinsmitglieder, so auch die Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft mit den Raddampfern «Stadt Zürich» und «Stadt Rapperswil». Bei den Motorbooten möchte ich die «Gambrinus», Baujahr 1893, hervorheben, ein alter Schlepper aus der traditionsreichen Geschichte der Wädenswiler Biere. Die «Möve», ein immer noch aktiver Schlepper, stammt sogar aus dem Jahr 1889.
Sind Oldtimer-Boote für Sie die ganz grosse Leidenschaft?
Liebhaber und Besitzer von alten Booten gründeten 1983 den Oldtimer-Boot-Club Zürichsee, mit der Absicht, in regelmässigen Abständen Bootstreffen zu organisieren. Das ist auch meine Passion. Für mich bringen die Oldtimer vor allem Genuss. Ich geniesse das alte Handwerk, die Baukonstruktionen der Schiffe. Das ist wie die Liebe zu historischen Gebäuden. Oder auch das Interesse an Oldtimer-Autos. Geniessen heisst aber auch, auf dem See abschalten zu können. Alle Leute, die ein solches Boot betreten, sind hell begeistert und vergessen den hektischen Alltag. Das stelle ich immer fest. Das ist ein grossartiges Phänomen.
Ist Ihr Verein ein elitärer Zirkel?
Überhaupt nicht. Ich als Präsident weiss von den wenigsten Klubmitgliedern, was sie an Land machen. Unser Klub besteht aus Individualisten, die in Sachen Boote ein Unikat einem Serienprodukt vorziehen. Gemeinsam ist ihnen die Sorge um ihr Schiff.Wir haben junge Leute und alte Seebären im Klub. Sie alle haben einen grossen Bezug zum Zürichsee und kennen das Gewässer gut. Eigentlich sind wir alle Seebuebe und Seemeitli. Elitär wäre, wenn wir nur einen bestimmten Bootstypen zulassen würden oder ein Markenklub wären. Wir sind aber offen für alle Boote. Unser Klub ist vielfältig. Mich interessiert generell das Andere mehr, als das, was ich schon kenne. Das gehört zu unserer Klubphilosophie.
Trotzdem: Ein Oldtimer-Boot zu unterhalten, ist eher ein kostspieliges Hobby.
Gewisse Investitionen sind immer nötig. Und es braucht enorm viel zeitlichen Aufwand.
Wie wird man Mitglied bei Ihnen?
Die Bedingung für eine Bootsregistrierung ist, ein Originalboot zu besitzen, das vor 1945 oder zwischen 1946 und 1975 gebaut wurde, und den Bewertungskriterien entspricht. Zugelassen sind ebenso Replikas, die nach Originalplänen nachgebaut worden sind oder originelle Boote, die optisch als Oldtimer wirken. Über die Registrierung entscheidet unsere technische Kommission.
Wo befindet sich das Klubhaus?
Wir haben keines. Die «Ajax», die der Stiftung Historische Zürichsee Boote gehört, dürfen wir als fahrendes Klubschiff nutzen. Für die Generalversammlung sind wir jeweils auf einem der Raddampfer der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft zu Gast.
Was ist Ihr Pflichtenheft als Präsident?
Ich will den Mitgliedern ein gutes Zuhause im Klub und ein gutes Jahresprogramm bieten.
Wie sehen Sie die Zukunft des Oldtimer-Boot-Clubs Zürichsee?
Unsere Mitgliederzahl hat sich in den letzten paar Jahren fast verdoppelt. Es wird immer Leute geben, auf die Oldtimer-Boote eine besondere Faszination ausüben. Zudem hat der Klub vor vier Jahren mit der Einrichtung der Stiftung «Historische Zürichsee Boote» eine Institution geschaffen, die es ermöglicht, einzelne wertvolle Unikate der Bootbaukultur aus der Region zu erhalten.
Am Ufer blinken die Sturmwarnungen. Sollten wir nicht zurückkehren?
Die Warnlampen blinken noch langsam. Ich beobachte das Wetter.Wir werden sicher rechtzeitig wieder an Land sein.
ZUR PERSON Martin Hauser Präsident des Oldtimer-Boot-Clubs Zürichsee Der 47-jährige Familienvater ist selbständiger Architekt und wohnt in Oberrieden. Schöne Schiffe, elegante Formen und edle Materialien sind seine Passion. Er wirft zudem ein gekonntes Auge auf die Konstruktion und die Verarbeitung der Boote. Seine Leidenschaft ist auch das Segeln, am liebsten mit der Familie. Dazu benutzt er vorzugsweise seine eigene Segeljacht Lucky II (Jahrgang 1950). Der Stiftung «Historische Zürichsee-Boote» www.stiftunghzb.ch steht er als Vizepräsident vor. Deren Flaggschiff ist der Weekendkreuzer «Ajax» (1936). Bald kommt mit dem Backdeckkreuzer «Frösch» (1921) ein zweites historisches Boot dazu. (uz) www.obcz.ch |
Zürichsee-Zeitung Bezirk Horgen, Montag 25. Juli 2011, Seite 2, Region, Bild: Manuela Matt
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